Die Oase des Friedens

In unserem Projekt "Die Oase des Friedens" geht es um eine jüdische Mädchenschule, die von 1926 bis 1938 in Wolfratshausen existierte. Für die Wanderausstellung sprachen wir mit ehemaligen Schülerinnen dieser Schule und machten Videoaufnahmen mit Ihnen in USA, England, Kanada und Israel. Ihre Lebenswege und Geschichten vermitteln einen bewegenden, sehr persönlichen Eindruck von der damaligen Zeit. Zudem erinnern wir in der Ausstellung an die Schülerinnen, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden.

Das Ausstellungsprojekt der Gruppe Jüdische Spuren in Wolfratshausen fand in Kooperation mit der evangelischen Kirchengemeinde Wolfratshausen statt. An insgesamt 48 Stationen präsentierten wir im Jahr 2007 die Wanderausstellung.

Das Projekt

Ab Sommer 2002 erforschte ein ehrenamtliches Team – Dagmar Bäuml-Stosiek, Gisela Egelhaaf, Hannelore Greiner, Christine Noisser, Marlene Petsch – des Historischen Vereins Wolfratshausen e.V. unter Leitung von Dr. Sybille Krafft und Kirsten Jörgensen† die Geschichte der jüdischen Haushaltsschule in Wolfratshausen (1926–1938).
Es handelte sich dabei um eine Kooperation zwischen dem Historischen Verein und der Kirchengemeinde Wolfratshausen. Die Herstellungskosten für die Produktion einer bundesweiten Wanderausstellung übernahmen das Bundesfamilienministerium sowie weitere Förderer.

Die Ausstellung wurde gefördert im Rahmen des Aktionsprogramms “Jugend für Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus” des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, durch die Bayerische Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit, den Bezirk Oberbayern, die Kulturstiftung der Kreissparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen, die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Bayern, die Stadt Wolfratshausen u.a.m.

Die Schule

Es war eine besondere Schule in einer besonderen Zeit. Ursprünglich sollten hier die jungen Frauen lernen, einen jüdischen Haushalt nach rituellen Regeln zu führen, und sich auf weiterführende wirtschaftliche, soziale und pädagogische Berufe vorbereiten.
Während der NS-Zeit entwickelte sich die Schule dann zu einem Zufluchtsort. Junge Mädchen aus dem gesamten Deutschen Reich kamen hierher, um sich vor Anfeindung und Ausgrenzung zu schützen oder sich auf ihre Auswanderung vorzubereiten.
Die landwirtschaftliche Ausbildung, die in Wolfratshausen einenbesonderen Stellenwert einnahm, wurde später für viele Schülerinnen geradezu überlebensnotwendig, bildete sie doch eine der Voraussetzungen für ein Visum ins rettende Ausland.
In der Reichspogromnacht am 9./10. November 1938 wurden alle Schülerinnen und Lehrerinnen gewaltsam vertrieben. Die Schule wurde geschlossen.

Die Zeitzeuginnen

Im Zentrum der Ausstellung stehen die Erinnerungen ehemaliger Schülerinnen, die in Israel, USA, England und Kanada mit der Kamera aufgezeichnet wurden.
Ihre Lebenswege und Geschichten vermitteln einen bewegenden, sehr persönlichen Eindruck von der damaligen Zeit. Erinnert wird aber auch an all die Schülerinnen, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden.

Die Ausstellung

Die multimediale Ausstellung thematisiert das Schicksal jüdischer Familien in der NS-Diktatur aus der besonderen Sicht der Frauen und Kinder. Als damals wegweisendes Modellprojekt ist die Schule auch heute von überregionaler Bedeutung.
Die Wanderausstellung ist für Museen, Schulen und Gemeindezentren konzipiert; Bildtafeln, Skulpturen, Video- und Hörstationen vermitteln einen vielschichtigen Zugang zum Thema. Ergänzend sind didaktische Unterrichtsmaterialien vorhanden.
Ein Begleitband ist im Verlag Dölling & Galitz in Kooperation mit der Bayerischen Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit erschienen.

Informationen zur Architektur der Ausstellung zum Herunterladen

Grundriss der Ausstellung zum Herunterladen

Veröffentlichungen

Radiobeitrag von Bayern 2

Bayern 2/Reihe Land und Leute, vom 1.5.2015 – 13.30–14 Uhr

Hörbild und Feature von Dr. Sybille Krafft: “Weg mit diesen Judenweibern!”, Geschichte einer Frauenschule auf dem Land

Hören Sie rein!

Das Buch zum Projekt

"Wir lebten in einer Oase des Friedens ...", von Kirsten Jörgensen und Sybille Krafft, mit zwei Beiträgen von Dagmar Bäuml-Stosiek

 

Ausgezeichnet mit dem Tassilo-Preis

Am 10. April 2008 erhielt die Arbeitsgruppe "Jüdische Spurensuche" des Historischen Vereins Wolfratshausen den Tassilo-Preis der Süddeutschen Zeitung für das Projekt "Wir lebten in einer Oase des Friedens ...".

Weitere Informationen und Bilder von der Preisverleihung

Prominente Unterstützung

Auszug des Briefs von Dr. h.c. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, vom 14.9.2012 an Dr. Sybille Krafft und den Historischen Verein Wolfratshausen e.V. aus Anlass der Oase-Station im (ehem.) Kunstbunker Geretsried:

. . . Es war mir eine Ehre und Freude, die Schirmherrschaft über die Ausstellung zu übernehmen und bei deren Eröffnung zu sprechen. Das überaus geschichts- und verantwortungsbewusste Bemühen Ihres Vereins ist enorm wichtig für die Erinnerungskultur in Ihrer Region. Ihr persönlicher Einsatz ist dabei außergewöhnlich und sucht bundesweit seinesgleichen. Somit ist es mir eine Selbstverständlichkeit und Ausdruck meiner besonderen Wertschätzung Ihres Wirkens, Ihnen so gut ich kann zur Seite zu stehen und Sie nach Kräften zu unterstützen . . .“ © Foto: Justine Bittner

Kirsten Jörgensen 1961–2014

Aus dem Nachruf von Sybille Krafft – November 2014

Kirsten war eine furchtlose Frau. Sie fürchtete sich nicht vor Autoritäten, sie fürchtete sich nicht davor zu widersprechen, sie fürchtete sich nicht davor einen eigenen, unbequemen Weg zu gehen, und sie hat sich letztlich auch nicht vor ihrem Tod gefürchtet . . .

. . . Um die Jahrtausendwende haben wir uns kennengelernt und gemeinsam mehrere Ausstellungen entwickelt: über die jüdische Mädchenschule von Wolfratshausen, über die Geschichte der Kinderarbeit und über das Schicksal der Menschen vom Lager Föhrenwald.
Damit hat Kirsten eine sichtbare Spur hinterlassen – ihr Name wird mit diesen besonderen Projekten verbunden bleiben, als Teil des künftigen Erinnerungsortes “Badehaus” in Waldram-Föhrenwald . . .

Foto Kirsten Jörgensen: privat – Foto Windlicht: © Atiketta Sangasaeng / 123rf stockfoto